Zwei Fotos oben 2016 mit einer Pentax Optio aufgenommen,
© Damian Bugmann 2016.
Fünf Fotos unten: Sprayaktion in Biel Ostern 1998 mit einer Olympus aufgenommen, © Damian Bugmann 1998.
Text: ©Damian Bugmann 2018
«Man sollte Sprayer 72 Stunden lang bei Wasser und Brot einsperren, um sie von ihrer illegalen Tätigkeit abzubringen», erklärte eine Woche vor Ostern 1998 Jürg Scherrer, der damalige Bieler Polizeidirektor und Nationalrat der rechtsextremen Freiheitspartei, die später aufgelöst wurde, weil die SVP alles aufsaugte, was sich rechts von ihr befand.
Die Quittung für Scherrers provokative Aussage kam schnell: In der Nacht von Ostersonntag auf Ostermontag 1998 wurden die besseren Bieler Quartiere Beaumont und Linde, die bislang vor Spraybildern und -schriften verschont geblieben waren, massiv mit Ostereierköpfen und Schriftzügen wie «fuck Scherrer» und «dump Scherrer» eingedeckt. 250 HausbesitzerInnen beschwerten sich bei der Regionalpolizei, die Medien hatten etwas zu berichten. Ein Teil dieser Spraybilder ist heute noch zu sehen.
Als im Februar 1998 der Solothurner Künstler Schang Hutter im Rahmen eines Skulpturenwegs zum 200. Jubiläum der Helvetik vor dem Bundeshaus in Bern seine Eisenplastik Shoah aufgestelllt hatte, störte diese das rechtslastige Polit-Establishment extrem. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion am 4. März 1998 wurde sie von der Freiheits-Partei der Schweiz abtransportiert und vor die Werkstatt des Künstlers geknallt. Auf den Bildern der Presseberichterstattung sah man, wie der FP-Nationalrat und Bieler Polizeidirektor zuvorderst stand und den Kranführer dirigierte. Darauf begann eine heftige öffentliche Debatte über Kunst, Politik und Holocaust.
Zwanzig Jahre später, Ende März 2018, versuchte Jürg Scherrer bei den Grossratswahlen ein Comeback in die Politik mit der rechtslastigen «Freien Liste Biel/Seeland». Pikantes Detail: Bis 2006 gab es im Kanton eine grünliberale «Grüne Frei Liste», die in den «Grünen Kanton Bern» aufging. Die Ortspartei Bern heisst heute noch so und stellt den heutigen Stadtpräsidenten Alec von Graffenried. Scherrer hatte keine Chance und wurde nicht in den Grossrat gewählt.