GESELLSCHAFT


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Auf dieser Seite:

1. Herunterkommen vom Grössenwahn

2.  PROPAGANDA statt GESCHICHTE
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nicht nur am 1. August

3.  Fritzl ist nur die Spitze des Eisbergs

Copyright Texte, Fotografien, Layout  Damian Bugmann


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In der rechten Randspalte:

Kurze Geschichte:  Hobermann

Gedicht:                  1. August

Buchrezension:        Sehn-Sucht nach der
                                   verlorenen Ganzheit


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Kontakt, Kommentar: info@damianbugmann.ch


1.  Herunterkommen vom Grössenwahn

   Durch die Industrialisierung und die kapitalistische
   Wirtschaftsweise verändert sich das Klima.
   Schon in den Sechziger Jahren war dies unter
   Wissenschaftler*innen bekannt, bereits vorher fiel
   Ureinwohner*innen das gestörte Verhalten der Ko-
   lonisator*innen auf.

   «Das Eingreifen der Menschen in die natürlichen Verhält-
   nisse seines Lebensmilieus führt zur Zerstreuung der von
   der Natur angesammelten Rohstoffe, zur Verseuchung der      Atmosphäre und des Wassers mit Abfallprodukten. Seit 
   Beginn der industriellen Revolution ist der Kohlenoxyd
   gehalt der Luft um einen erheblichen Prozentsatz gestie-
   gen. Allein diese Tatsache kann eine Abweichung der
   Durchlässigkeit der Atmosphäre für die Sonneneinstrah-
   lung bewirken, mit der sich Temperatur und Klima, die
   Grösse der polaren Eiskappen, das Niveau des Meeres
   und so weiter ändern könnten.» Diese Erkenntnisse sind 
   beileibe nicht neu, aber immer noch aktuell. Der Text
wurde 1963 von Pierre Bertaux geschrieben und in seinem Werk «Mutation der Menschheit» veröffentlicht.

Methodisch und willentlich zerstörendes Tier
Der französische Germanist und Antifaschist Pierre Bertaux sass in der Zeit des Vichy-Regimes mehrere
Jahre im Gefängnis. Im selben Werk heisst es auch: «Der Mensch ist das einzige methodisch und willentlich zerstörende Tier.» Und: «Manche Verwüstungen geschahen in historischer Zeit, noch bis zur arabischen Invasion der Beni Hillal konnte man im Schatten der Bäume von Kairo nach Marrakesch wandern.» Frühere Zerstörungen nahm er nicht wie die Klimakatastrophen-Leugner heute als «Beweis» dafür, dass die Umwelt immer ein bisschen gebeutelt worden sei und sich immer problemlos davon habe erholen können. Pierre Bertauxs Bücher und Einzeltexte stiessen in den späten Siebziger Jahren mit seinem zunehmenden Umweltbewusstsein auf ein zweites Echo und wurden teilweise wieder veröffentlicht.

Rassistische Überlegenheitsgefühle
Erich Scheurmanns «Der Papalagi. Die Reden des Tuiavii aus Tiavea» erschien 1920 und beleuchtete die rassistischen Überlegenheitsgefühle der weissen Kolonisator*innen aus einer fiktiven Dritte-Welt-Perspektive. Neuauflagen dieses Werks des deutschen Schriftstellers, Malers, Puppenspielers und Predigers gab es 1952 und seit 1978 viele weitere. Ein paar Textauszüge illustrieren den Geist der engagierten Schrift:

«Der Papalagi ist ein Mensch mit besonderen Sinnen. Er tut vieles, das keinen Sinn hat und ihn krank macht, trotzdem preist er es und singt sich selber ein schönes Lied darauf.» - «Schnell an ein Ziel kommen ist selten ein Gewinn.» – «Noch kein Samoaner und auch kein Papalagi hat je eine Palme gemacht oder den Strunk einer Kava. Der Papalagi glaubt freilich, er könne solche Dinge bereiten, er sei stark wie der grosse Geist.»

Alle Dinge sind miteinander verbunden
Berühmt wurde um 1980 auch der Brief von Seattle, Häuptling der Duwamisch aus dem Jahr 1856 an den Präsidenten der USA. Zitate daraus: «Ich habe tausend verrottende Büffel gesehen, vom weissen Mann zurückgelassen, erschossen aus einem vorüberfahrenden Zug.» -- «Was immer den Tieren geschieht, geschieht bald auch den Menschen. Alle Dinge sind miteinander verbunden.» -- «Der Mensch schuf nicht
das Gewebe des Lebens, er ist darin nur eine Faser.»



Ganzheitliches Erleben und zivilisierter Glaube:  zu  SPIRITUALITÄT


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2.  Propaganda statt Geschichte

Mythos, Fälschung, Propaganda, Barbarei


Die Jahrzehnte der Geschichtsaufklärung sind vorbei, den patriotischen Propagandamythen wurden wissenschaftliche Fakten entgegengesetzt, die durch genaues Quellenstudium,
archäologische Erkenntnismethoden und zuletzt durch C14-Analysen gewonnen worden waren.
Jetzt aber geht’s retour in die Barbarei.


Sieger schreiben die Geschichte
Alljährlich im August wird die Geschichte der Schweiz geklittert durch den Propagandawolf gedreht (siehe Text unten). Und die Umschreibung der Geschichte durch die Sieger des Kalten Kriegs schreitet wacker voran (siehe auch KULTUR).
Ein weiteres Kapitel des Kalten Kriegs ist die haarsträubende Resolution der parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE), die behauptet, die Sowjetunion und das Dritte Reich seien zu gleichen Teilen am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs schuldig. Ausgerechnet. Mit dem Kriegsausbruch hatte die SU nicht das geringste zu tun und ohne die Rote Armee hätte das Nazireich nicht militärisch geschlagen werden können.

Was wird gefeiert am ersten August?


Längst wissen wir, dass die Schweiz nicht am 1. August 1291 auf dem Rütli gegründet wurde.
Die historische Wahrheit unterscheidet sich beträchtlich von den patriotischen Gründungs-
mythen. Doch die „Geistige Landesverteidigung“ spukt weiterhin in vielen Schweizer Hirnen.


Wilhelm Tell ist keine historische Figur, sondern ein in Europa weit verbreitetes Sagenmotiv, das ist bekannt. Die Armbrust war um 1300 zwar bereits von den Chinesen erfunden worden, verbreitete sich aber als
Kriegs- und Jagdwaffe im Alpenraum erst nach der Schlacht von Marignano (1515) - das stellten die Sporthistoriker schon vor über 20 Jahren fest. Die Gründung eines Nationalstaats erfolgte 1798 (durch Napoleon verfügte Helvetische Republik und Verfassung) und 1848 (bürgerlich-liberale Verfassung, Bundesstaat). Der so genannte Bundesbrief war weder eine demokratischer noch ein nationalstaatlicher Vertrag, sondern eine Vereinbarung zwischen den Eliten von drei Innerschweizer Talschaften.

Propaganda behauptet über 700 Jahre Freiheit und Demokratie
Freie Bauern und Älpler sollen sich im 14. Jahrhundert gegen die Unterdrückungsgelüste von fremden
Vögten, Grafen und Herzogen gewehrt haben. Dem hält der Zürcher Geschichtsprofessor Roger Sablonier in seinem  Buch „ Gründungszeit ohne Eidgenossen“ entgegen, die Innerschweizer Noblen wie Attinghausen
und Stauffacher hätten sich mit dem Bündnis abgesichert gegen soziale Aufsteiger, sich Steuerhoheit und Gerichtsbarkeit gesichert und gegenseitige Hilfe versprochen, sollten diese Privilegien durch Interventionen durch hohe Adligen in Gefahr geraten.
In der angeblich 1291 auf dem Rütli beschworenen Vereinbarung stehen weder Datum noch Ort und nichts von gleichen Rechten oder der Abschaffung von Zins- und Arbeitspflicht gegenüber den Grundherren. Mit dem habsburgischen Herzog Leopold ist es laut Sablonier zu Streitigkeiten um Vogteirechte des Klosters Einsiedeln und zu Erbstreitigkeiten wegen der Herrschaft Rapperswil gekommen. Mythen wie der Burgenbruch und der heldenhafte Sieg gegen das immense habsburgische Heer am Morgarten entbehren jeder historischen und archäologischen Grundlage.

Aktive Geschichtsfälschungen
Am patriotischen Mythenlack gekratzt hatten bereits die von vielen als Skandal wahrgenommenen Bücher „Wilhelm Tell für die Schule“ (Max Frisch 1970) und „Schweizer Geschichte für Ketzer“ (Otto Marchi 1971).
Ein weiterer kritischer Geschichtsforschungsschub kam 1991 mit der gescheiterten 700-Jahr Feier und dem erfolgreichen Kulturboykott.
Sablonier hat nun mit seinen Forschungen Lücken geschlossen und die Erkenntnisse vertieft. Heute ist klar, woher der Mythos des Bündnisses der Waldstätte als Keimzelle des modernen demokratischen Staates stammt: Das Ende 15. Jahrhundert verfasste „Weisse Buch von Sarnen“ arbeitete bereits in diese Richtung, der Glarner Gelehrte Aegidius Tschudi trieb dann im 16. Jahrhundert die Geschichtsfälschung weiter voran.

Nationalistisches Überlegenheitsgefühl
Der junge bürgerlich-liberale Nationalstaat der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert übernahm diese Gründungsgeschichte mit heldenhaftem Freiheitskampf als Legitimation und baute sie aus, Schiller und Rossini halfen kräftig mit dabei. Die „Geistige Landesverteidigung“ der Dreissiger und Vierziger Jahre des
20. Jahrhunderts bediente sich aus dieser Kiste. Es ging damals einerseits darum, ein eigenständiges nationalistisches Überlegenheitsgefühl zu definieren in Abgrenzung zum schneidigen und invasiven Nationalismus der Deutschen. Andererseits darum, mit den diffusen Nationalgefühlen Ungerechtigkeiten zu kaschieren, die in Spannungen zwischen den Sprachkulturen und sozialen Schichten zum Ausdruck kamen.

Unwissen und Ablenkung durch Nationalismus und Konsumfeiern
Der Nationalismus feiert heute durch den politischen Aufstieg der populistisch-neoliberalen Partei wieder Urstände. Wider besseres Wissen oder um von den Raubzügen des internationalen Finanzhochadels auf Mittelstand und Benachteiligte abzulenken, glorifiziert man die Schweiz und den angeblichen Gründungsakt von 1291 und feiert den 1. August auf dem Rütli, auf Festwiesen und in Mehrzwecksälen.
Zusätzlich werden Landesausstellungen und Fussballmeisterschaften euphorisch als patriotische Konsum-feiern begangen. Diese Massenhysterien sind ungemein praktisch, um global dringende ökologische, wirtschaftliche und soziale Probleme zu verdrängen und ein virtuelles Gemeinschaftsgefühl zu verbreiten.

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3.  Fritzl ist nur die Spitze des Eisbergs


Der im Februar 2009 in Österreich verurteilte Josef Fritzl ist nicht Ausnahme, sondern
willkommenes Alibi in einer Gesellschaft, die heftig wegdiskutiert, dass sie zunehmend
von Ungerechtigkeiten und Gewalt in verschiedensten Formen bestimmt wird.


Das männliche Familienoberhaupt in einer patrilineal ausgerichteten Gesellschaft will mit mehr oder weniger Nachdruck sicherstellen, dass der Tochter der genetisch und gesellschaftlich hochwertigste Hengst zugeführt wird. Fritzl hat die Kontrolle und Bevormundung so weit getrieben, dass er die Rolle des Begatters selbst übernommen und durch das 24-jährige Einsperren seiner Tochter Konkurrenten zuverlässig ausgeschlossen hat. Es gab grosse Aufregung in den Medien, als Fritzels Treiben durch die Polizei entdeckt wurde.

Personalisierungen, Vereinfachungen und Ablenkungsmanöver
Es war zu erwarten und ist verständlich, dass sich die Justiz in der heutigen gesellschaftlichen Lage dafür entscheiden wird, diesen Mann bis an sein Lebensende zu verwahren. Es wird befürchtet, der Täter würde Symbiosen mit Opfern schnell wieder installieren. Es geht aber auch darum, mit dem strengen Urteil „lebenslange Haft mit anschliessender Sicherheitsverwahrung“ ein Exempel zu statuieren, das beweist, dass der Monstervater und Charakterlump die grosse Ausnahme ist, der gerechten Strafe zugeführt wird und dass wir unsere Werte, unser zusammen Leben und Wirtschaften nicht zu hinterfragen brauchen. Die grossen Medien lieben solche Personalisierungen, Vereinfachungen und Ablenkungsmanöver, das gibt Quote und Auflage.

Blinde Flecken und Grausamkeiten
Gesellschaft und Wirtschaft sind heute wie sie sind. Voll von blinden Flecken, Unverhältnismässigkeiten, Missverständnissen und Doppelbödigkeiten. Von Konkurrenz, Neid, Intrigen und Propaganda. Von Demokratiedefiziten, Machtverhältnissen, Ungerechtigkeiten, Grausamkeiten und Abhängigkeiten. Wo Abhängigkeit ist, gibt es Vorteile für Überlegene wie Dominierte, aber auch Gewalt und Missbrauch.
Gewalt und Missbrauch werden durch Hierarchien und Abhängigkeiten in der entfremdeten menschlichen Gesellschaft geradezu gefördert.

Ungleichgewichte
Hierarchien sind Ausdruck von gestörten Gleichgewichten, die in der Regel von den Akteuren, den Dominierenden wie den Dominierten, aufrechterhalten werden. Die Schwächeren werden ausgebeutet und unter Druck gesetzt, viele verinnerlichen diese Gewalt und schenken den Herrschern in bester Absicht, aus Angst oder Opportunismus ihre Macht anstatt diese selber zu gebrauchen.
Schwächere aber soll man nicht übervorteilen und diskriminieren, sondern schützen, ihre Menschenwürde
und Entfaltung sicherstellen. Schöne Absichten, tönt es da oft, aber der Mensch ist nicht so. – Äh, pardon,
wie lange verhält sich der Mensch schon so?

Brutal zur Sache
Seit etwa zwei Millionen Jahren leben Menschen auf dem Planeten. Während Eiszeit und Altsteinzeit lebten
sie in matrilinealen, matrizentrischen, gleichberechtigten und dezentralen Naturgemeinschaften. Kapitalismus und Patriarchat haben sich seit der Jungsteinzeit (ab etwa 4'500 vor u.Z.) da und dort langsam mit mehr
oder weniger Gewalt in den gleichberechtigten, mit Spiritualität sozial und wirtschaftlich ausbalancierten Gesellschaften ausgebreitet.
Mit dem Hellenismus der Griechen und Römer in der Antike und der Ausbreitung des Christentums im mittelalterlichen Europa ging es dann brutal und nachhaltig zur Sache: mit bewussten Mythenfälschungen, Unterdrückung von Spiritualität und Sexualität, zwangsweiser Einführung von Privateigentum, Pro-Forma-Monogamie und Vaterrecht, Entfernen der Frauen aus der Öffentlichkeit, Kriegen, Hexen- und Ketzerverfolgungen.

Veröffentlichungen:
Vorwärts 3. März 2009 vorwaerts.ch,
zeitpunkt.ch, hinter-den-schlagzeilen.de                                         

                                                                                                         Mehr zum Thema:  zu  SPIRITUALITÄT

Hobermann

Kommt Hobermann auf seinem grossen Wagen mit Musik,
farbigen Bändern und Fahnen.
Die Leute stehen mit offenen Mäulern, oh, der grosse Hobermann.

Baumann kreuzt das Gefährt, schaut dem Mann ins Gesicht, fragt: «Ja also, Hobermann, mit
viel Lärm kann jeder kommen,
was hast du denn für ein Programm?»
«Jo, äh, .... Sicherheit, ....
Familie, .... Freiheit ....»

«Ist das alles? Nichts von
sozialer Gerechtigkeit?»
«Nein, nichts davon.»

«Nichts von Waffenindustrie
und Kriege abschaffen?»
«Sicher nicht.»

«Nichts von
Kapitalismus abschaffen?»
«Nein, nein.»

«Nichts von Solidarität
statt Hierarchie?»
«Nein.»

«Du bist klein», sagt Baumann
und geht weiter.

© Damian Bugmann 2014

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Hobermann verblasst, verfällt.











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1. August  

wie das knallt, böllert, zischt, explodiert, heult.
wenn sie schon sonst nicht
dürfen, dann halten sie ihren heiligen rütlikrieg
wenigstens ein mal im jahr
am nazionalfeiertag ab.
heilvezia!

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Sehn-Sucht nach der verlorenen Ganzheit

Differenziert und fundiert betrachtet Benjamin Fässler in «Geist-Gesellschaft-Droge»
das einseitige und ober- flächliche Denken nicht nur
in der Drogenpolitik.


In tiefes Schwarz ist der Buch-
umschlag getaucht, das wenige Licht wird von einem Gehirn oder einer Nachbildung reflektiert.
Von Erklärungsmodellen der Hirnforschung ist die Rede im Buch, aber von ihnen geht nicht erleuchtende Erkenntnis aus. Aufklärerisch Licht in die Sache bringt die Schrift «Geist» (ganz gross), dann kleiner «Gesellschaft»
und noch kleiner «Droge». Autorenname und Untertitel «Über das einseitige und oberflächliche Denken» verschwinden
bescheiden fast im Dunkeln.

Den Begriff «Droge» braucht der frühere Herzspezialist Benjamin Fässler nicht pejorativ für krimi-nalisierte Stoffe, wie dies viele mit ihrem einseitigen und ober- flächlichen Denken tun, sondern als Überbegriff für alle dämpfenden, stimulierenden und psychedelischen Drogen.
Fässler definiert minutiös, ohne Klischees und Dogmen, erklärt
aus verschiedenen Perspektiven, wirft Lichter auf Drogenpolitik,
Hirnforschung, Freud, Jung und die transpersonale Psychologie, Nahtoderfahrungen, Spiritualität, Schamanismus, die Verfolgung
von Intuition und psychedelischer Spiritualität durch die Kirchen
und mehr.

Zentral ist für Fässler die Tri-Polarität Ratio-Intuition-Gefühl, der zunehmende Überhang der Ratio im Lauf der Geschichte und damit die Entwicklung von Macht und Manipulation. Weitere Folgen, mit denen sich die heutige Gesellschaft – nicht nur in der Drogenpolitik - herumschlägt, sind bei Fässler die Polaritäten Haben und Sein, Entweder-oder und Sowohl-als-auch, klischeehaftes «ratiomorphes» Denken und dynamisches «rationales» Denken, analoge und digitale Wahrnehmung, Erkenntnis durch Eintauchen oder Zerlegen.

Schön bringt es der Autor wie
folgt auf den Punkt: «Am Anfang
ist Mystik, am Ende Politik.»
Sucht welcher Art auch immer definiert er treffend als spirituelle Krise oder Sehnsucht nach der verlorenen Ganzheit und Spiritualität. Die Gemeinsamkeit der wichtigsten Techniken zur Persönlichkeitsentwicklung (Meditation und psychedelische Drogen) bestehe darin, dass sie grosse Anforderungen an
Disziplin und Ehrlichkeit ihrer Benutzer stellten.

Der Diskurs ist nicht neu, aber umfassend. Dass diese Art Diskurs respektive sein Abklatsch in den Siebzigern und Achtzigern modische Mehrheitsmeinung war und die Fundamentalisten provozierte, ist uns in den heutigen politischen und gesellschaftlichen Diskussionen zum Problem geworden: Er wird einseitig und oberflächlich als Schnee von gestern oder als Verharmlosung einer existenziellen Bedrohung abgetan. Nicht zuletzt deshalb hat wahrscheinlich Fässler das fundierte Buch geschrieben.

Benjamin Fässler
Geist Gesellschaft Droge.
Über das einseitige und
oberflächliche Denken.
Nachtschatten-Verlag Solothurn, 280 Seiten gebunden.
ISBN: 978-3-03788-138-5